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100 Jahre E+S Rück­versicherung AG

Neue Konzernstruktur

Über einen Börsengang der Hannover Rück hatte man schon seit den 1980er-Jahren nachgedacht. Es ging darum, ein grundsätzliches Problem zu lösen, das sowohl die beiden Rückversicherer als auch die Muttergesellschaft HDI betraf: Sie waren seit Längerem stark gewachsen, aber die Eigenkapitalausstattung blieb gering. Zur Finanzierung seiner erfolgreichen Expansion konnte der HDI als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nicht den Kapitalmarkt nutzen. Eine Möglichkeit wäre gewesen, die Rückversicherungstöchter zu verkaufen. Das kam aber nicht infrage: Zum einen wäre dadurch die Rückversicherungsdeckung des HDI unmittelbar betroffen gewesen. Und zum anderen hätte bei der Eisen und Stahl ein Verkauf das Problem aufgeworfen, was mit den Anteilen der Versicherungsvereine geschehen sollte, die ja das Fundament für den Erfolg des Unternehmens waren.

Unter Wolf-Dieter Baumgartl, seit 1993 HDI-Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender beider Rückversicherer, entschied man sich dann 1994 für einen Teilbörsengang der Hannover Rück, um das Kapitalproblem zu lösen. Zu diesem Zweck wurde das Eigenkapital der Hannover Rück von 77 Millionen DM auf 141 Millionen DM erhöht. Davon brachte man dann im Oktober 1994 auf den Inhaber lautende Aktien im Wert von 35,3 Mio. DM an die Börse. Mit knapp 75 Prozent blieb der HDI weiter Haupteigentümer der Hannover Rück.

Konzernschmied Wolf-Dieter Baumgartl
Konzernschmied Wolf-Dieter Baumgartl

Nur zwei Monate später wurden dann auch die Beziehungen von Hannover Rück und Eisen und Stahl Rück auf eine neue Grundlage gestellt. Zum 1. Januar 1995 übernahm die Hannover Rück vom HDI die Mehrheit an der Eisen und Stahl Rück. Die deutschen Versicherungsvereine blieben weiter Aktionäre.

Über die Frage, was denn im Zuge des Verkaufs nun mit ihren Anteilen geschehen sollte, hatte es allerdings zuvor Meinungsverschiedenheiten gegeben. Denn auch die Versicherungsvereine zeigten Interesse daran, ihre Anteile zu verkaufen, als sie erfuhren, dass die Hannover Rück die Anteile des HDI übernehmen würde. Das hätte einen attraktiven Sonderertrag für die Aktionäre bedeutet. Aber damit wäre die besondere Beziehung zu den Versicherungsvereinen, die Basis für den Erfolg der Eisen und Stahl, gefährdet gewesen.

In langen Verhandlungen, deren Ausgang zunächst keineswegs sicher war, einigte man sich dann auf eine Kompromissformel: Die Versicherungsvereine durften so viele Aktien an die Hannover Rück verkaufen, dass am Ende die Beteiligungsverhältnisse bei der Eisen und Stahl wieder gleich waren – wenn man berücksichtigte, dass der HDI ja über die Hannover Rück, an der er die Mehrheit hielt, noch indirekt an der Eisen und Stahl beteiligt war. Und ein besonders wichtiger Punkt in den Verhandlungen: Die Versicherungsvereine erhielten den gleichen Preis, den auch der HDI für den Verkauf bekam.

Damit blieb das besondere Geschäftsmodell der Eisen und Stahl erhalten, um das man den Rückversicherer mittlerweile im ganzen Markt beneidete, und die engen Beziehungen zu den Versicherungsvereinen als Hauptkunden sorgten weiter für stabiles Geschäft.

Mit der Übernahme der Aktienmehrheit bei der Eisen und Stahl durch die Hannover Rück hatte der HDI nun für seinen Teilkonzern Rückversicherung eine neue strukturelle Grundlage geschaffen. Allerdings war die Aufgabenverteilung zwischen den beiden Rückversicherern immer noch nicht vollständig geklärt. Zwar gab es seit 1988 die Zeichnungsgemeinschaft, aber beide Gesellschaften bearbeiteten zum Teil immer noch parallel den Markt.

Dabei waren die Tätigkeitsschwerpunkte eigentlich klar: Die Hannover Rück konzentrierte sich vor allem auf den internationalen Markt und hatte ihre Prämieneinnahmen durch ein stark ausgebautes US-Geschäft in den letzten Jahren kräftig gesteigert. Die Eisen und Stahl war währenddessen im deutschen Markt durch ihr Geschäft mit den wachstumsstarken Versicherungsvereinen zu einem wichtigen Player herangewachsen. Im Jahr 1996 wurden die Tätigkeitsgebiete der beiden Rückversicherer unter einem neuen Vorstandsvorsitzenden dann endgültig aufgeteilt.

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