Neue Führung, neuer Name
Kaum im Amt, schuf Zeller klare Verhältnisse: Die Eisen und Stahl wurde als Spezialversicherer für das deutsche Rückversicherungsgeschäft positioniert. „Der Spezialrückversicherer für Deutschland“ war nun ihr Slogan. Die Hannover Rück zog sich dagegen aus dem deutschen Markt zurück und operierte jetzt ausschließlich im Ausland. Die bisherige Zeichnungsgemeinschaft tauchte im Außenauftritt nicht mehr auf; sie wurde aber nicht beendet, sondern nur in eine interne Retrozessionsvereinbarung umgewandelt.
Diese Neuaufteilung war die logische Konsequenz aus der bisherigen Entwicklung der beiden Gesellschaften. Sie vollendete die langjährige Annäherung der Rückversicherer und sorgte für eine klare Aufteilung: Die Eisen und Stahl konnte sich nun ganz darauf konzentrieren, Rückversicherer für Deutschland zu sein.
Hannover Rück und Eisen und Stahl blieben gleichwohl wirtschaftlich weiter eng verbunden: Über die Retrozession wurden sie wechselseitig am internationalen bzw. deutschen Geschäft beteiligt. Die Hannover Rück nahm damals zunächst 70 Prozent des Geschäfts der Eisen und Stahl, das nicht von den Aktionären stammte, in Retrozession. Und die Eisen und Stahl übernahm wiederum einen Anteil des internationalen Geschäfts der Hannover Rück in Retrozession.
Die neuen internen Retrozessionsvereinbarungen machten wirtschaftlich letztlich keinen Unterschied zur bisherigen öffentlichen Zeichnungsgemeinschaft aus. Und die deutschen Aktionäre der Eisen und Stahl konnten durch die neue Konzernstruktur jetzt direkt vom internationalen Know-how der Hannover Rück profitieren, die ja nun die Mutter der Eisen und Stahl war. Gleichzeitig blieb für sie die Expertise ihres bewährten deutschen Spezialversicherers erhalten.
Die Neuausrichtung der Eisen und Stahl sollte sich nach den Vorstellungen Wilhelm Zellers auch in einem neuen Namen widerspiegeln. Der Name „Eisen und Stahl“ kam aus einer Zeit, als es tatsächlich um die Deckung von Risiken der metallverarbeitenden Industrie ging, die in den 1920er-Jahren den Kundenkreis des damaligen Haftpflichtverbands bildete. Für einen Rückversicherer des Jahres 1996 wirkte das antiquiert. Gelegentlich führte es auch zu Missverständnissen, wenn etwa Schrotthändler beim Unternehmen anriefen, um Altmetall zu verkaufen.
Man machte sich daher im Vorstand auf die Suche nach einem neuen Namen. Auf den Geschäftsberichten des Unternehmens erschienen schon seit 1976 die Buchstaben „ES“ als grafisches Logo. Jetzt kam man – zunächst nur als Arbeitstitel – nach dem Vorbild der R+V Versicherung (Raiffeisen- und Volksbanken-Versicherungsgesellschaften) auf die Abkürzung „E+S Rückversicherungs-AG“. Die Entscheidung fiel dann am Ende aus einem ganz pragmatischen Grund, wie sich Zeller später erinnerte: „Etwas Besseres fiel uns schlicht gesagt nicht ein. Daher blieb es schließlich bei dieser prägnanten Abkürzung.“
Mit dem eingängigen Markennamen „E+S Rück“ und dem Slogan „Der Spezialrückversicherer für Deutschland“ begann eine neue Ära. Das Rebranding des damals immerhin 73 Jahre alten Unternehmens war erfolgreich. Die Neuordnung der Rückversicherungsgruppe des HDI und die Neupositionierung der E+S Rück legten das Fundament für den Aufstieg an die deutsche Marktspitze. Die Mitte 1990er-Jahre geschaffenen Strukturen wurden zur Erfolgsformel bis in die Gegenwart.