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100 Jahre E+S Rück­versicherung AG

Mit der Zeich­nungs­gemein­schaft auf neuen Wegen

Die Jahre bis 1988 blieben weiter von einer gewissen Konkurrenzsituation geprägt. Zwar konzentrierte sich die Eisen und Stahl vor allem auf das deutsche Geschäft, es gab aber doch auch immer Überschneidungen. So konnte es vorkommen, dass eine Anfrage nach Deckung vom Rückversicherer in der einen Etage abschlägig beschieden wurde, aber die Kollegen in der anderen Etage das Risiko akzeptierten. Die Fachvorstände unterhalb des Vorstandsvorsitzenden Bingemer vertraten jeweils nur ihre Gesellschaft und konnten dabei auf ihre „eigenen“ Experten zurückgreifen.

1988 wurde dieser Zustand mit der Bildung einer „Zeichnungsgemeinschaft“ beendet, und die beiden Gesellschaften rückten deutlich enger zusammen. Ab 1. Januar 1988 gab es erstmals ein einheitliches Underwriting der Unternehmen. Mit Ausnahme des Aktionärsgeschäfts, das weiter komplett bei der Eisen und Stahl verblieb, wurden nun jedes Risiko und jeder Vertrag von beiden Gesellschaften mit einem festgelegten Prozentsatz gezeichnet. Die Quote Hannover Rück/Eisen und Stahl Rück – per Stempel im Vertrag dokumentiert – betrug 80:20 im Auslandsgeschäft und 70:30 in Deutschland.

Stempel der Zeichnungsgemeinschaft
Stempel der Zeichnungsgemeinschaft mit den Anteilen der beiden Rückversicherer

Dabei handelte es sich um einen bloßen Risikosplit mit einer Aufteilung der Prämien und Haftungen. Diese Anteile des Geschäfts wurden dann von den beiden Gesellschaften jeweils für sich unter separaten Poolnummern verbucht. Durch den 20-Prozent-Auslandsanteil stieg das Prämienvolumen bei der Eisen und Stahl ab 1988 spürbar an. Von 1987 auf 1988 erhöhte es sich um 13,4 Prozent auf 828,8 Mio. DM. Die Zeichnungsgemeinschaft war das wesentliche Instrument, um die damals noch bestehende Konkurrenzsituation zwischen beiden Rückversicherern zu überwinden und auch die Zuständigkeiten klar zu ordnen. Zuvor gab es zeitweise für Deutschland einen Vorstand für HUK (Dieter Pfaffenzeller, Hannover Rück) und einen für Sach (Udo Schubach, Eisen und Stahl). So wurde ein Zedent von zwei Teams unterschiedlicher Zusammensetzung betreut, was keine praktikable Lösung war.  

Vorstellung der Zeichnungsgemeinschaft in Monte Carlo, 1987
Claus Bingemer stellt 1987 die Zeichnungsgemeinschaft in Monte Carlo vor.

Auf dem Treffen der Rückversicherer in Monte Carlo 1987 stellte man die Zeichnungsgemeinschaft dem Markt vor. Claus Bingemer brachte das neue Konzept in einer Rede folgendermaßen auf den Punkt:

„As you are aware HANNOVER RE and EISEN & STAHL are close affiliates and both are solely concerned with reinsurance. While the companies have differing focal points, they generally work in the same market. In other words, they are competitors, not only competitors under one roof, but also competitors headed by one and the same chairman of the board. I can tell you it has not always been easy for me to keep my keen and eager colleagues on the path of virtue, stopping them from snapping away the business under the very nose of their sister company. It is strange; the other company’s business always seems to be more attractive!”
Entree der Gäste Vorstellung der Zeichnungsgemeinschaft in Monte Carlo, 1987
Entree der Gäste Vorstellung der Zeichnungsgemeinschaft in Monte Carlo, 1987

Als Sinnbild für das Zusammengehen wurde das Bild eines Mosaiks gewählt und in Monte Carlo präsentiert. „The Whole Is Greater Than the Sum of Its Parts“, hieß es darin. Ein wichtiges Mosaiksteinchen beim Zusammenrücken der beiden Gesellschaften bestand in der einheitlichen Besetzung der Vorstände und der leitenden Angestellten. Sie waren ab sofort jeweils für die Geschicke beider Gesellschaften verantwortlich. Diese Vereinheitlichung förderte das Gemeinschaftsgefühl erheblich, und die über Jahre bestehende Rivalität der beiden Einheiten löste sich allmählich. Der Weg zu einem einheitlichen Ganzen war mit der Zeichnungsgemeinschaft geebnet.

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