zurück
100 Jahre E+S Rück­versicherung AG

Ein Kind der Krise: Die Gründung im Inflationsjahr 1923

Es war ein Kind der Krise, das am 23. August 1923 das Licht der Welt erblickte: Mitten in der Inflationszeit der 1920er-Jahre, als Deutschland mit der größten Geldentwertung seiner Geschichte fertig werden musste, wurde in Köln ein neues Versicherungsunternehmen gegründet: die „Eisen- und Stahl Versicherung Aktiengesellschaft in Köln“ (heute: E+S Rückversicherung). Gründerväter waren der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie V. a. G. (HDI) und die Gerling-Versicherungsgruppe. Der Haftpflichtverband hielt mit 74 Prozent die Mehrheit an dem neuen Unternehmen, Gerling die übrigen 26 Prozent. Vonseiten des Haftpflichtverbandes war nicht das Unternehmen selbst Aktionär, sondern Einzelpersönlichkeiten aus dem industriellen Kundenkreis des Verbandes zeichneten die Anteile.

Die Inflationszeit wirkte sich unmittelbar auf die Gründung aus: Weil die Geldentwertung sich in der Hochphase der Inflation rasant beschleunigte, musste das Startkapital auf 100 Mio. Mark festgesetzt werden – gut 50-mal so hoch, wie es bei einer normalen Geldwertentwicklung angemessen gewesen wäre.

Als Zweck des Unternehmens wurde genannt: „Betrieb der Transport- und Rückversicherung, insbesondere Betrieb der Versicherung in Bezug auf Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie.“ Der Haftpflichtverband verfolgte mit der Gründung zwei Ziele: Er wollte die Rückversicherung seiner eigenen Risiken auf eine neue Grundlage stellen. Und er wollte gleichzeitig sein Versicherungsangebot für die Kunden aus der deutschen Industrie erweitern, denen man bislang nahezu ausschließlich Haftpflichtdeckungen angeboten hatte. Wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage der Inflationszeit sah man sich allerdings beim Haftpflichtverband nicht dazu in der Lage, aus eigener Kraft das Angebot zu erweitern. Damit die Industriekunden nicht für andere Risiken zur Konkurrenz abwanderten, gründete man gemeinsam mit Gerling das neue Unternehmen.

in lächelnder Robert Gerling auf der Pferde-Rennbahn
Robert Gerling an seinem Schreibtisch

Die Leitung der Eisen und Stahl übernahm Robert Gerling, Gründer und Generaldirektor des gleichnamigen Konzerns, der in den 1920er-Jahren zu einem der größten deutschen Versicherer aufstieg und sich dabei auf ein Netz von kleineren Partnergesellschaften stützte, um unterschiedliche Zielgruppen zu bedienen. Zu diesen „Interessengesellschaften“ des Gerling-Konzerns gehörte auch die Eisen und Stahl.

Das neue Unternehmen wurde stark von Gerling dominiert: Der erste Firmensitz war in Köln, Unter Sachsenhausen 6, in einem Gebäude des Gerling-Konzerns. Über viele Jahre hinweg wurden die Zahlen der Eisen und Stahl in der Bilanz der Gerling Allgemeinen konsolidiert. Man kann davon ausgehen, dass es zunächst auch nur Mitarbeiter von Gerling waren, die sich um den Geschäftsbetrieb kümmerten. Genaue Angaben dazu sind in den Archiven nicht enthalten.

zurück